KDV-Antragsverfahren und Auswirkungen
Rechtliche Grundlagen für das KDV-Antragsverfahren sind das Gesetz über die Verweigerung des Kriegsdienstes mit der Waffe aus Gewissensgründen (KDVG) und das Soldatengesetz (SG).
Der KDV-Antrag muss folgende Dokumente umfassen:
a) Antragsschreiben mit Berufung auf Art. 4 Abs. 3 GG
b) Vollständiger tabellarischer Lebenslauf
c) Persönliche Darlegung der Gewissensentscheidung
Der KDV-Antrag wird auch von aktiven Soldat*innen nicht auf dem Dienstweg gestellt, sondern an das zuständige Karrierecenter der Bundeswehr geschickt.
Den Antrag stellen können
a) aktive Soldat*innen
b) Reservist*innen
c) tauglich gemusterte Personen, die die Altersgrenze nicht überschreiten, unter der einberufen werden kann
[ nicht gemusterte Personen, die einen KDV-Antrag stellen, werden zur Musterung vorgeladen > siehe bei BERATUNG ]
Der KDV-Antrag
1) Antragsschreiben mit Berufung auf Art. 4 Abs. 3 GG:
Der Antrag auf Kriegsdienstverweigerung (KDV) kann jederzeit gestellt werden. Unabdingbar sind die Nennung des eigenen Namens, der eigenen Anschrift, der Personenkennziffer, die persönliche Unterschrift sowie die Berufung auf das Grundrecht der Kriegsdienstverweigerung im Sinne von Art. 4 Abs. 3 GG „Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden.“ Ohne diese Angaben ist der Antrag aus formalen Gründen nicht gültig und wird abgewiesen.
Der Antrag kann zum Beispiel folgenden Wortlaut haben: „Sehr geehrte Damen und Herren, hiermit verweigere ich den Kriegsdienst mit der Waffe unter Berufung auf Art. 4 Abs. 3 GG.“
2) Vollständiger tabellarischer Lebenslauf:
Dem KDV-Antrag ist ein vollständiger und lückenloser tabellarischer Lebenslauf hinzuzufügen. Das heißt, dass der Lebenslauf keine zeitlichen Lücken aufweisen darf und eine vollständige Auflistung des eigenen Schul- und Ausbildungsweges sowie des Berufsweges enthalten muss.
3) Persönliche Darlegung der Gewissensentscheidung:
Dem KDV-Antrag ist eine persönliche, ausführliche Darlegung der Beweggründe für die Gewissensentscheidung beizufügen. Die Darlegung der Beweggründe muss ausführlich, authentisch und nachvollziehbar erläutern, warum der Dienst mit der Waffe aus Gewissensgründen nicht mehr geleistet werden kann. Sie muss enthalten, welche Überlegungen, Einsichten, Gedanken, Ereignisse oder Vorkommnisse dazu geführt haben, dass der*die Antragsteller*in nur unter schwerster seelischer Not im Stande ist, am Dienst mit der Waffe teilzunehmen und dass dies auf einer für ihn zwingenden Gewissensentscheidung beruht.
4) Antragsadressat:
Der KDV-Antrag ist auch bei aktiven Soldat*innen ausdrücklich nicht auf dem Dienstweg zu stellen. Stattdessen wird der KDV-Antrag ausnahmslos unmittelbar beim zuständigen Karrierecenter der Bundeswehr[1] gestellt.
Es empfiehlt sich jedoch bei aktiven Soldat*innen den Disziplinarvorgesetzten unmittelbar nach Einreichung des KDV-Antrags beim Karrierecenter über die Antragstellung in Kenntnis zu setzen, da dieser vom Karrierecenter um eine Stellungnahme gebeten wird.
5) Antragseingang und Stellungnahmen:
Nachdem der KDV-Antrag beim Karrierecenter eingegangen ist, erhält der*die Antragsteller*in eine Eingangsbestätigung. Nach § 2 Absatz 6 KDVG bestätigt das Karrierecenter der Bundeswehr der antragstellenden Person den Eingang des Antrags. Das BAFzA ist hierzu gesetzlich nicht verpflichtet und versendet zurzeit keine Eingangsbestätigungen.
Bei aktiven Soldat*innen setzt das Karrierecenter nach Eingang der Antragsunterlagen den Disziplinarvorgesetzten über die Antragstellung in Kenntnis und fordert gleichzeitig eine Stellungnahme des Disziplinarvorgesetzten zum gestellten Antrag ein. Zusätzlich holt das Karrierecenter eine Stellungnahme der Personalbearbeitungsstelle ein.
6) Das BAFzA, Antragsentscheidende Stelle:
Anschließend leitet das Karrierecenter die Antragsunterlagen, Stellungnahmen und die Personalakte an das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) in Köln zur Entscheidung über den KDV-Antrag weiter.
Die Sachbearbeiter des BAFzA entscheiden über den KDV-Antrag nach Aktenlage. In vielen Fällen stellt das BAFzA jedoch schriftlich Nachfragen zur persönlichen Begründung.
7) Die Anerkennung und die Ablehnung:
Bei Anerkennung auf Kriegsdienstverweigerung wird dem Antragstellenden der förmliche Anerkennungsbescheid per Post zugestellt. Die Anerkennung als Kriegsdienstverweiger*in ist unanfechtbar.
Bei Ablehnung des KDV-Antrages durch das BAFzA kann der Antragstellende innerhalb eines Monats Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid erheben. Im Spannungs- und Verteidigungsfall muss der Widerspruch sogar innerhalb einer Woche beim BAFzA eingehen. Wird auch der Widerspruch abgelehnt, so bleibt dem Antragstellenden noch die Möglichkeit der Klage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht. Im Falle eines Gerichtverfahrens muss der Antragstellende von einer mündlichen Verhandlung ausgehen.
Auswirkungen der Antragstellung für aktive Soldat*innen
Befreiung vom Dienst mit der Waffe:
Ab dem Zeitpunkt der KDV-Antragstellung ist eine Härtefallprüfung durchzuführen, ob der*die Antragsteller*in vom Waffendienst zu befreien ist.
Die Befreiung vom Dienst mit der Waffe muss durch den Disziplinarvorgesetzten vollzogen werden. Sollte der Vorgesetzte nicht auf den*die Antragsteller*in zukommen, so kann der*die Antragsteller*in formlos einen Antrag auf waffenlosen Dienst stellen. Er bleibt jedoch verpflichtet, weiter zu dienen. Der Antragsstellende muss sogar evtl. Versetzungen hinnehmen. Diese dürfen jedoch nicht willkürlich vorgenommen werden.
Dauer des Verfahrens:
Ein KDV-Antragsverfahren dauert zwischen mehreren Wochen bis mehreren Monaten.
Auswirkungen der angestrebten KDV-Anerkennung für aktive Soldat*innen
Entlassung aus der Bundeswehr:
Die Entlassung aus dem Dienstverhältnis aktiver Soldat*innen erfolgt erst nach der Anerkennung als Kriegsdienstverweiger*innen. Dies ergibt sich aus den Vorschriften § 75 Abs. VI SG und § 46 Abs. II Nr. 7 SG.
Rückzahlungen von Ausbildungskosten:
Die Entlassung aus dem Dienstverhältnis aufgrund einer KDV-Anerkennung gilt als „Entlassung auf eigenen Antrag“. Dies berechtigt die Bundeswehr, Forderungen für Studiums- oder Fachausbildungskosten zu erheben.
Insbesondere für diesen Bereich ist der stetige Kontakt mit einem Fachanwalt empfehlenswert und sollte schon vor der Eröffnung des Verfahrens zur Anerkennung als Kriegsdienstverweiger*in gesucht werden.
Verlust der sozialen Absicherung:
Bei der Entlassung aus dem Dienstverhältnis aufgrund einer KDV-Anerkennung verliert der Antragstellende sein Anrecht auf Wiedereingliederungshilfe und Arbeitslosengeld. Dies hat zur Konsequenz, dass der*die nun anerkannte Kriegsdienstverweiger*in Sozialhilfeempfänger*in ist.
[1] Ende 2012 sind die Kreiswehrersatzämter aufgelöst worden. Seither sind die Karrierecenter der Bundeswehr für die Entgegennahme der KDV-Anträge zuständig.